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100'000 Ladendiebstähle bleiben jeden Tag unentdeckt
In Deutschland hat insbesondere der organisierte und gewerbsmäßige Ladendiebstahl dem Einzelhandel in den letzten Jahren zum Teil schmerzliche Verluste beschert. Im Jahr 2023 ist das ohnehin hohe Niveau in Deutschland noch einmal wertmässig um 15 Prozent gestiegen. «Die Zunahme der Diebstähle im Jahr 2022 stellte noch eine Rückkehr zur ‚Normalität‘ der Vor-Corona-Zeit dar. Nun ist aber ein Wendepunkt erreicht, an dem die Zunahme der Ladendiebstähle eine besondere Dimension annimmt und besondere Aufmerksamkeit erfordert», sagt Frank Horst, Studienautor und langjähriger Spezialist für Inventurdifferenzen beim EHI Retail Institute.
Die Inventurdifferenzen insgesamt sind letztes Jahr um fast 5 Prozent gestiegen und liegen bei 4,8 Mrd. Euro. Davon machen Verluste durch Diebstahl von Kundschaft, Mitarbeitenden, Lieferanten und Servicepersonal 4,1 Milliarden Euro aus. Davon sind rund 2,82 Milliarden Euro der Kundschaft anzulasten, 910 Millionen Euro den eigenen Angestellten und 370 Millionen Euro dem Personal von Lieferanten und Servicefirmen. Statistisch gesehen passiert laut dem EHI Retail Institute jeder 200. Einkaufswagen unbezahlt die Kasse.
Laut Polizeilicher Kriminalstatistik sind Ladendiebstähle um fast 24 Prozent auf insgesamt 426'096 Fälle (Vorjahr 344'669) gestiegen. Sowohl der einfache als auch der schwere Ladendiebstahl haben zugenommen. Allerdings wird längst nicht jeder Ladendiebstahl angezeigt. Laut dem EHI bleiben jeden Tag in Deutschland rund 100'000 Ladendiebstähle unentdeckt.
Handeslverband sieht grosse Gefahr für Einzelhandel
Der Handelsverband Deutschland (HDE) ist alarmiert. «Auf die steigende Zahl an Delikten muss der Staat endlich mit mehr Konsequenz in der Strafverfolgung reagieren», so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth in einer MItteilung. «Diebstahl darf nicht zur neuen Normalität in den Geschäften werden.»
Im Handel wächst laut HDE das Unverständnis darüber, dass angezeigten Ladendieben meist keine grösseren Konsequenzen drohten. «Eine Anzeige ist für Handelsunternehmen mit einem hohen und letztlich oft vergeblichen Aufwand verbunden. Viele Ladendiebe kommen davon und werden nicht konsequent genug bestraft, Verfahren häufig eingestellt», so Genth weiter. Oftmals werde die Polizei daher gar nicht mehr über Ladendiebstähle informiert, entsprechend hoch sei die Dunkelziffer. Der Staat müsse hier auf Abschreckung setzen, um das Vertrauen in den Rechtsstaat nicht zu gefährden.
Ein konsequentes Vorgehen sei zudem mit Blick auf den bandenmässig organisierten Ladendiebstahl gefragt. «Vielerorts begehen inzwischen professionell organisierte Banden mit großer krimineller Energie Ladendiebstähle. Um sie zu stoppen, müssen Polizei und Staatsanwaltschaft in den einzelnen Bundesländern viel enger zusammenarbeiten», so Genth.