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BME rechnet auch 2022 mit Lieferketten-Problemen
Unter dem Motto „#newhorizons“ bot die größte Netzwerkveranstaltung des BME den 900 Teilnehmer:innen eine virtuelle Plattform für die Diskussion gegenwärtiger und künftiger Beschaffungsstrategien.
„Wir alle haben anstrengende Krisen-Monate hinter uns. Die Pandemie stellt für unsere Unternehmen nicht nur eine ökonomische Herausforderung dar, sondern sie verlangt den Menschen alles ab“, betonte Gundula Ullah, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), in ihrer Begrüßungsrede. „Die Unternehmen müssen sich angesichts der Vielzahl komplexer und herausfordernder Megatrends neu erfinden.“ Den Blick auf Next Normal zu richten, bedeute ihrer Ansicht nach auch, bereits heute die richtigen Weichen für die erfolgreiche geschäftliche Zukunft zu stellen. Spätestens hier seien die Einkaufs- und Lieferkettenprofis gefragt. Sie sollten Vorreiter der digitalen Revolution im Unternehmen sein und sich täglich bewusstmachen: Procurement und Supply Management bieten als ideale Schnittstellen zu den anderen Unternehmensbereichen jede Menge Schwung für Neues.
Die BME-Bundesvorstandsvorsitzende äußerte sich dabei auch zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf Einkauf, Logistik und Supply Management. So gebe es in der Wirtschaft viele Befürchtungen, dass die Pandemie noch längst nicht überwunden sein könnte. Nun stehe der Winter vor der Tür. Und mit ihm stiegen die Infektionszahlen. Ob diese Inzidenzen zu erneuten Verwerfungen in den Lieferketten und Beeinträchtigungen in den Produktionsprozessen führen könnten, bleibe noch offen – auszuschließen sei es aber nicht.
Zur aktuellen Versorgungslage im vierten Quartal sagte Ullah, dass die deutsche Industrie – und das quer durch alle Branchen – unter dem gravierenden Mangel an Rohstoffen und Produktionsmaterialien sehr zu leiden habe. Angesichts des sich eintrübenden Geschäftsausblicks im verarbeitenden Gewerbe sei zu befürchten, dass die Lieferengpässe bis weit ins nächste Jahr andauern könnten. Es gebe aber auch einen konjunkturellen Silberstreif am Horizont: So gehe die Herbstprojektion der Bundesregierung in diesem Jahr von einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts in Höhe von 2,6 Prozent aus. 2022 sei dann sogar ein Plus von 4,1 Prozent möglich.
Unter dem Titel „Verrückte Welt?“ beschrieb Prof. Henning Vöpel, Direktor des Centrums für Europäische Politik, „Szenarien einer Post-Pandemie-Weltwirtschaft“. Die internationale Gemeinschaft erlebe gegenwärtig eine Zeitenwende. Die Welt nach Corona werde durch mindestens vier grosse Phänomene gekennzeichnet sein. Das seien im Einzelnen De/Re-Globalisierung, Digitalisierung, Dekarbonisierung und Demografie.
Auch betonte er, dass die Pandemie unmittelbare und strukturelle Folgen für die Weltwirtschaft habe. So werde sich die konjunkturelle Erholung wegen der Lieferengpässe und fragilen Lieferketten verzögern. Als Stichworte nannte der frühere Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) die Rohstoff- und Energiekrise sowie den Mangel an Halbleitern und anderen Vorleistungen. Vöpel wagte abschliessend noch einen Blick in die Zukunft. Danach würden Unsicherheit und Komplexität die nächsten Jahre bestimmen. Der einzige Weg, die Unsicherheit über die Zukunft zu reduzieren, bestehe darin, sie zu gestalten.