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In den Shoppingcentern wird das Shopping immer mehr zur Nebensache
In der Schweiz gibt es - Bahnhöfe und Flughäfen mitgezählt - 195 Shoppingcenter. Sie alle buhlen um die Kundschaft. Manchen gelingt das besser, manchen weniger. Laut einer Umfrage der Branchenorganisation Swiss Council of Shopping Places (SCSP), bei der 27 Center mitgemacht haben, haben 17 Einkaufstempel vergangenes Jahr ihren Umsatz gesteigert. Sechs Shoppingcenter konnten den Umsatz im Vorjahresvergleich halten. Vier mussten einen Umsatzrückgang hinnehmen.
Insbesondere die kleineren und grösseren Zentren seien erfolgreich gewesen, schreibt der SCSP in seinem aktuellen Marktreport. Mit 17 Zentren zählte auch der Grossteil mehr Besucherinnen und Besucher.
Bequeme Sitzbänke und E-Auto-Ladestation
Insgesamt seien die Zahlen positiv zu werten, so der Branchenbericht. Denn der Mehrheit der Einkaufszentren sei es gelungen, ihre Strategien zur Kundenbindung erfolgreich umzusetzen. «Dennoch sollten diese Ergebnisse als Ansporn genommen werden, kontinuierlich nach Verbesserungspotenzial zu suchen und sich an die sich wandelnden Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden anzupassen, um den langfristigen Erfolg zu sichern», heisst es.
Und daran arbeiten die Einkaufstempel. Die ältesten Schweizer Shoppingcenter wurden bereits Anfang der Siebzigerjahre gebaut, haben also schon 50 Jahre auf dem Buckel. Im Schnitt sind sie über 30 Jahre alt, wie SCSP-CEO Marcel Stoffel am Mittwoch an einer Konferenz zum Shoppingcentermarkt gegenüber AWP sagte.
Laut dem Marktreport haben knapp die Hälfte der Befragten in den letzten zwei Jahren eine Modernisierung durchgeführt. Die Verantwortlichen mehrerer Einkaufszentren gaben zudem an, in nächster Zeit in die Modernisierung zu investieren und ihr Shoppingcenter «revitalisieren» - sprich: Geld in deren Wiederbelebung stecken - zu wollen.
Dabei geht es einerseits zwar um klassische Renovierungsmassnahmen wie neue Toilettenanlagen, aber auch darum, den Kunden neue Annehmlichkeiten zu bieten. Laut Stoffel können das zum Beispiel Dinge sein wie «hochwertige Sitzgelegenheiten, komfortable Parkiermöglichkeiten oder Tesla-Supercharger».
Neue Mieter bringen Abwechslung
Auch die Mieterschaft in den einzelnen Läden von Einkaufszentren beschäftigt das Management stark, wie dem Bericht zu entnehmen ist. Den sogenannten «Mietermix» bezeichnen die meisten Zentren als grösste Herausforderung, aber auch als grosse Chance.
Bei 25 der 27 befragten Zentren kam es laut SCSP in den vergangenen Jahren zu «erheblichen» Veränderungen im Mietermix. Insgesamt wechselten dort 120 Mal die Mieter. Besonders häufig kämen Mieterwechsel in den Shoppingcentern mit der grössten Fläche vor.
Bei den Mieterwechseln zeigt sich gemäss dem Report, dass in Einkaufszentren nicht mehr nur typische Verkaufsläden gefragt sind. Denn die Kunden wollen im Shoppingcenter nicht nur Dinge wie Turnschuhe, Tomatenpüree und Krimis kaufen, sondern auch essen, zum Arzt gehen, die Nägel machen und das Handy flicken lassen.
Die Neuzugänge und Nachvermietungen in Einkaufszentren seien denn auch «hauptsächlich im Bereich persönlicher Dienstleistungen, Gesundheit, Wellness und alltäglicher Bedarfsartikel zu verzeichnen», heisst es. Die häufigsten Branchen, die in Shoppingcentren vertreten sind, sind Mode, Beauty, Kosmetik, Sport, Medizin, Gastronomie, Lebensmittel, Telekommunikation und Tiernahrung.
Harte Onlinekonkurrenz
Obwohl auch die Shoppingcenter unter der Onlinehandelskonkurrenz leiden, gehört die Vernetzung von Online- und stationären Verkaufserlebnissen laut der Erhebung nicht zu den Prioritäten der Betreiber. Dabei ist «Erlebnis» laut Anja Reimer vom Marktforschungsinstitut GfK Switzerland einer der grössten Trends im Detailhandel - und DAS Buzzwort am Shoppingcenter-Kongress in Zürich am Mittwoch.
«Gut einem Drittel der Menschen in der Schweiz sind Erfahrungen wichtiger als Besitz», sagte sie an dem Event. Und es sei Aufgabe der Shoppingcenter, diese zwei Sachen zu verknüpfen. Als Inspiration zeigte sie etwa Bilder von koreanischen Brillenläden, die gleichzeitig immersive Kunstinstallationen sind.
Weitere Beispiele gab es zuhauf. So lockten etwa verschiedene Shoppingcenter mit Events neues Publikum an. Patrick Stäuble, CEO des Shoppi Tivoli in Spreitenbach AG, erklärte, man habe beispielsweise Kooperationen mit nahegelegenen Hotels oder Kinos geschlossen und die WCs zu «Wohlfühlzonen» umgestaltet - mit Sofas für stillende Mütter oder genderneutralen Kabinen. «Das Hallenbad nebenan, das früher die Attraktion war, ist heute längst keine Experience mehr», sagte er.