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Kanton Bern: Mäc-Geiz-Mentalität beim Büromaterialeinkauf?
Am 8. Dezember 2017 hat die Staatskanzlei des Kantons Bern den Startschuss gegeben. Im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung wurde die Beschaffung evaluiert. Sie umfasst die Lieferung von Büromaterial für die gesamte Verwaltung des Kantons Berns sowie der damit verbundenen Dienstleistungen. Das Verfahren wurde offen, nach den GATT/WTO-Richtlinien durchgeführt. Es konnte sich also jeder Anbieter, welcher die geforderten Kriterien erfüllt, für die Ausschreibung bewerben.
Anfang Juli 2018 wurde nun die Owiba AG als Gewinnerin bekannt gegeben. Noch kurz vor der Ausschreibung war Owiba eine Tochtergesellschaft der Migros, welche darin ihre Beteiligung an der Office-World-Gruppe, der Iba AG und der Tramondi Büro AG zusammengefasst hat. Mit einem Umsatz von 179 Millionen Franken und 400 Mitarbeitenden ist Owiba nach eigenen Angaben der grösste Bürobedarfsanbieter in der Schweiz.
Das war aber laut Beat Zahnd, Leiter Departement Handel im Migros-Genossenschafts-Bund, nicht gross genug. Um angeblich von weiteren Grössenvorteilen profitieren zu können, hat die Migros im Oktober 2017 die gesamte Owiba-Beteiligung an die österreichische Einzelhandelsgruppe MTH Retail Group verkauft, welche wiederum zur Management Trust Holding AG mit Sitz in Wien gehört. Die MTH-Gruppe erreichte nach eigenen Angaben im letzten Geschäftsjahr mit 5950 Mitarbeitenden einen Umsatz von 819 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die Migros-Gruppe beschäftigt über 100‘000 Mitarbeitende und setzte 2017 über 28 Milliarden Franken um.
Berns Staatsdiener werden ihre Bleistifte nun also statt von Migros aus einem europäischen Konglomerat beziehen, zu dem auch illustre Unternehmen wie Mäc-Geiz und Pfennigpfeiffer gehören. Mit dem Zuschlagsempfänger wird nun für 509‘046 Franken ein Vertrag über vier Jahre abgeschlossen, welcher gemäss Ausschreibung optional bis zu zwei Mal um jeweils zwei Jahre verlängert werden kann.
Ob es wirklich sinnvoll ist, dass für ein verhältnismässig geringes Einkaufsvolumen von gut 127‘000 Franken pro Jahr in den Verwaltungsstuben mit grossem Elan eine GATT/WTO-Ausschreibung gezimmert wird, muss schlussendlich die Politik entscheiden. Dass korrekte Beamte lieber einmal zu viel als zu wenig öffentlich ausschreiben, ist aus anderen Branchen hinlänglich bekannt. Was bei dieser Ausschreibung allerdings Stirnrunzeln verursacht, ist die Tatsache, dass nur zwei Angebote eingegangen sind. Ob hier der vom Gesetzgeber gewünschte Wettbewerb wirklich zum Tragen kam, darf bezweifelt werden. Aber auch die einheimische Branche muss sich an die Nase fassen. Wer bei solchen Ausschreibungen – so komplex und zeitraubend sie auch sein mögen – kein Angebot einreicht, kann sowieso nicht gewinnen.