15. März 2021

Knatsch in der Lego-Welt

15. März 2021

Knatsch in der Lego-Welt

In der Welt des Spielens geniesst Lego als zeitloser Klassiker nach wie vor einen Sonderstatus. Doch eine Reihe von Abmahnungen gegen Spielwarenhändler – darunter auch bekannte Lego-Influencer – sorgten zuletzt für Kratzer am Image des dänischen Konzerns. Kern der Debatte ist die Frage: Was ist Lego und was nur ein Klemmbaustein?

Ein kurzer Blick auf die deutschsprachigen Social-Media-Kanäle reicht, um festzustellen, dass aktuell viele Fans nicht mit Kritik an Lego sparen. Neben Klagen über Preise und Produktqualität sticht dabei vor allem ein Thema hervor: eine Reihe von Anwaltsbriefen, in denen der Spielwarenhersteller auf die Wahrung seiner Markenrechte pocht. Die Causa beschäftigt die Community nun schon seit geraumer Zeit.

Pikant daran ist vor allem, dass auch bekannte Akteure in der Lego-Szene abgemahnt wurden, darunter einer der bekanntesten Lego-Influencer. Der deutsche Spielwarenhändler und Videoproducer Thomas Panke baut und bespricht seit 2014 auf seinem YouTube-Kanal „Held der Steine“ breitenwirksam Lego- und Konkurrenzprodukte, wobei er diese auch zerpflückt, wenn er Qualitätsmängel oder Probleme beim Preis-Leistungs-Verhältnis findet.Seine Videos haben in der Regel Hunderttausende Klicks, auch auf Instagram ist der Frankfurter erfolgreich unterwegs. Panke verdient dabei mit Affiliate-Links, die das Publikum direkt zu den besprochenen Produkten führen und betreibt auch ein eigenes Geschäft. Nun wurde er bereits im Januar in einem Anwaltsschreiben des dänischen Spielwarenherstellers dazu aufgefordert, mehrere Videos zu löschen. Diese hätten die Wortmarke von Lego verletzt, weil Panke Bausets von konkurrierenden Unternehmen besprochen und auch deren Bausteine oder Produkte als Lego bezeichnet habe. Dass gerade ein reichweitenstarker Influencer wie Panke die Begriffe derart verwende, beschädige die Marke Lego, argumentierte der Milliardenkonzern. Panke kam der Aufforderung nach, sparte aber dabei auch nicht mit Kritik an dem Konzern – und gewann dadurch wieder mehr Publikum.

Der YouTuber ist indes nicht der Einzige, der sich mit rechtlichen Schritten Legos herumschlagen muss – Verstösse gegen das Markenrecht werden auch dem deutschen Klemmbaustein-Produzenten und -Händler BlueBrixx sowie einem Händler namens Steingemachtes vorgeworfen. Dessen Inhaber Thorsten Klahold – ebenfalls YouTuber – berichtete zuletzt in einem Video, dass ein Container mit Ware des Lego-Konkurrenten Qman vom Zoll abgefangen wurde, und brachte das mit Legos Markenstreit in Verbindung.

Opfer des eigenen Erfolgs

Legos Problem in der Sache ist mitunter, dass die Firma nach langen Jahren als Monopolist längst das Schicksal von Frisbee oder Flip-Flop ereilt hat: In all diesen Beispielen war ein Markenprodukt derart erfolgreich, dass seine Bezeichnung im alltäglichen Sprachgebrauch zum Synonym für den Gegenstand an sich wurde. Wer heute einen bunten Plastikbaustein zum Stecken in der Hand hält, dem fällt wohl kaum zuerst das Wort Klemmbaustein oder Noppenstein ein. Und doch ist es nur dann Lego, wenn es tatsächlich von Lego produziert wurde.

Dass Lego in dieser Frage just einflussreichen Influencern und Liebhabern mit rechtlichen Schritten droht, sorgt vielerorts für Unverständnis – immerhin liefern diese kostenlos Werbung und Feedback für Lego. Die Gegenseite argumentiert hingegen mit der rechtlichen Notwendigkeit: Lego-Produkte unterliegen dem Markenschutz. Dazu zählt auch die Wortmarke, die Lego im geschäftlichen Verkehr – also gerade auch gegenüber Händlern – aktiv verteidigen muss. Andernfalls könnte sie erlöschen – woran Lego wahrlich kein Interesse hätte.

Löschung möglich – in der  Theorie

Könnte nachgewiesen werden, dass Lego mittlerweile grossflächig als Gattungsbegriff für Klemmbausteine wahrgenommen wird, wäre theoretisch auch ein Antrag auf Löschung möglich – doch das wäre ein extrem langwieriges, teures und wohl auch wenig aussichtsreiches Unterfangen. Wie hartnäckig sich Markenrechte halten können, zeigt sich etwa am 1909 ins Markenregister eingetragenen Beispiel Fön: Der Name ist trotz seiner Verbreitung seit über 100 Jahren geschützt, bis heute dürfen Haartrockner nur dann Fön heißen, wenn sie vom Inhaber der Wortmarke produziert werden, mittlerweile ist das Electrolux.

Auch Lego ist im Markenstreit versiert, immerhin kämpft der dänische Konzern seit Jahrzehnten gegen Imitatoren und Konkurrenten an – denn die kleinen Plastikklötze nachzubauen, ist nicht nur keine Kunst, sondern im Grossen und Ganzen seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2010 auch erlaubt. Seither kriegt der Platzhirsch Lego auch zunehmend Konkurrenz.

Erst 2015 wurde Lego nach einer Klage des Konkurrenten Best-Lock vom EU-Gericht bestätigt, dass Legos Minifiguren mit der Noppe auf dem Kopf als Marken geschützt sind. Ob dieser Schutz gerechtfertigt ist, ist ebenfalls ein grosser Streitpunkt in der Klemmbaustein-Szene. Der „klassische“ Lego-Stein ist jedenfalls seit 2010 für die Teileproduktion und Verwendung im Spielzeug- und Modellbaumarkt nicht mehr geschützt – sehr wohl aber in zahllosen anderen Bereichen.

Konkurrenz wird immer besser

Es sind aber nicht nur Raubkopien, die Lego fürchten muss. Auch die legitime Konkurrenz wird nicht nur mehr, sondern auch besser – und das bei Preisen, bei denen sich Lego warm anziehen muss. Immer mehr Klemmbaustein-Hersteller liefern qualitativ hochwertige und attraktive Sets. Lego-Konkurrent CaDa etwa sei hinsichtlich „Technik und Komplexität unschlagbar, das Beste“, so ein Kenner. Der polnische Hersteller Cobi wirbt indes damit, dass seine Steine nur in der EU produziert werden – was bei Lego längst nicht mehr der Fall ist.

Gleichzeitig können die Konkurrenten auch zunehmend mit attraktiven Lizenzen aufwarten. Das ist ein kritischer Punkt – denn längst sind einzelne bunte Blöcke für das kreative und freie Spiel nicht mehr das Kernprodukt von Lego. Stattdessen sitzt das dänische Unternehmen auf popkulturellen Lizenzen, die Gold wert sind. Sets aus den Welten von Star Wars, Harry Potter, Marvel oder Super Mario sind die teuren Verkaufsschlager – und wohl noch länger ein Garant dafür, dass es trotz Klagen über zu hohe Preise und mangelnde Qualität dann doch wieder Lego wird.

Quelle: News ORF.at

Pressedienst / Caroline Garcia
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