Schule
11. Dezember 2024

Über eine Million der Schweizer Erwachsenen hat eine Leseschwäche

Erwachsene Schweizerinnen und Schweizer schneiden in den Grundkompetenzen Lesen, Alltagsmathematik und Problemlösen im internationalen Vergleich überdurchschnittlich gut ab. Trotzdem weisen rund 30 Prozent in mindestens einem dieser Bereiche geringe Kompetenzen auf.
Rund 1,25 Millionen der Erwachsenen in der Schweiz hat eine Leseschwäche. Das heisst, sie können nur kurze, sehr einfache Texte verstehen. (Symbolbild Unsplash)

Das entspricht rund 1,67 Millionen Menschen, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) am Dienstag mitteilte. Beim adaptiven Problemlösen haben 24 der Untersuchten geringe Kompetenzen, beim Lesen 22 Prozent und in der Alltagsmathematik 19 Prozent, so das BFS. 15 Prozent weisen in allen drei Bereichen tiefe Werte auf. Weitere sechs Prozent haben in zwei Kompetenzen grosse Defizite.

Das BFS bezieht sich auf Daten einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Finnland, Japan, Schweden, Norwegen und die Niederlande erreichen in allen Bereichen die höchsten Werte. Auch die durchschnittlichen Kompetenzwerte von Kanada, Dänemark, England, Estland und Deutschland liegen über dem OECD-Durchschnitt.

Laut BFS sinken die Kompetenzen mit zunehmendem Alter. Bei den 56- bis 65-Jährigen haben über 30 Prozent geringe Lesekompetenzen, bei den 16- bis 25-Jährigen sind es zehn Prozent. Ähnlich sehe es auch in den Bereichen Alltagsmathematik und adaptives Problemlösen aus. Mit steigendem Bildungsstand steigen auch die Kompetenzen.

Über 40 Prozent der Menschen ohne nachobligatorischen Schulabschluss haben in allen drei Bereichen geringe Kompetenzen. Mit einem Abschluss auf Sekundarstufe II halbiere sich dieser Anteil. Das bestärke den Bund und die Kantone in ihrem Ziel, dass 95 Prozent der über 25-Jährigen in der Schweiz über einen Abschluss auf Sekundarstufe II verfügten.

Das sagte am Dienstag in Bern vor den Medien Rémy Hübschi, stellvertretender Direktor des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation SBFI. Erstmals seit der Publikation der so genannten ALL-Studie im Jahr 2003 lägen mit der OECD-Studie wieder solide Aussagen zu den Kompetenzen Erwachsener vor, so Hübschi.

Unterschiede bei der Herkunft

Kompetenzunterschiede lassen sich auch bei Menschen mit unterschiedlichem Migrations- und Sprachprofil feststellen. Menschen mit Schweizer Nationalität oder die in der Schweiz geboren sind, haben bessere Ergebnisse als in die Schweiz eingewanderte Menschen. Dasselbe gelte auch für Menschen, deren Hauptsprache mit der Testsprache übereinstimme, hiess es weiter.

Daher weisen Menschen, die aus Schweizer Nachbarländern eingewandert sind, auch ähnliche Kompetenzwerte wie Schweizerinnen und Schweizer auf. Nach Angaben des BFS lässt sich ein Grossteil der festgestellten Unterschiede nach Migrations- und Sprachprofil auch mit Unterschieden in der Altersstruktur und dem Bildungsstand erklären.

Keine Unterschiede zeigten sich zwischen den Sprach- und Grossregionen der Schweiz. In Zürich und dem Mittelland liegen die gemessenen Werte leicht über dem Schweizer Durchschnitt. In der Genferseeregion und in der Ostschweiz liegen sie leicht darunter.

Wie viel Farbe braucht eine Wand?

Für die Studie wurden in der Schweiz von 2021 bis 2023 6440 Personen befragt. Mit einer persönlichen Befragung der Teilnehmenden - meist bei den Befragten zu Hause - erfassten spezifisch geschulte Interviewer die Kompetenzen der Schweizerinnen und Schweizer auf Tablet-Computern. Das geht aus dem Bericht zur Studie hervor.

Zum Erfassen der Lesekompetenzen hatten die Teilnehmenden beispielsweise lesend zu erfassen, wie Nahrungsmittel langfristig aufbewahrt werden können. Das sagte der stellvertretende Direktor des Bundesamts für Statistik, Markus Schwyn, vor den Medien.

Beim Bestimmen der mathematischen Fähigkeiten ging es beispielsweise ums Berechnen der Farbmenge für das Streichen einer bestimmten Wand. Und fürs Problemlösen hatten die Testpersonen beispielsweise ein ideales Restaurant für eine Personalfeier auszuwählen.

Hier können Sie die Studie «Lese-, Alltagsmathematik- und Problemlösekompetenzen von Erwachsenen in der Schweiz» herunterladen: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home.assetdetail.33346107.html

sda
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