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Über die Wichtigkeit des Schreibens
Im Gespräch, das schule.at mit Gerhild Weidenholzer geführt und haptik.ch zur Verfügung gestellt hat, betont die Expertin, dass das Schreiben mit der Hand insbesondere für die kognitive Entwicklung äusserst wichtig sei. Es gebe einen besonders schönen Spruch, der laute, von der Hand in den Verstand. Alles was man niederschreibe, könne man sich besser merken. Allein mit dem Aufschreiben eines Schummelzettels für eine Schulprüfung habe man grundsätzlich schon gelernt, alles was man aufschreibe, präge sich ins Gedächnis ein. Das Schreiben werde mit der Zeit zum Werkzeug des Lernens, dann nämlich, wenn die Schrift automatisiert gelinge. Dann habe man eine freie Ressource, indem man das Arbeitsgedächnis frei habe und sich auf die Rechtschreibung, den Inhalt und den Ausdruck konzentrieren könne.
Das Schreiben beginne eigentlich schon vorschulisch mit der Zeichenentwicklung und mit der motorischen Entwicklung, erklärt die Expertin. Es brauche eine stabile Körperhaltung bis hin zur Handgelenk- und Fingerbeweglichkeit. Lehrpersonen sollten darauf achten, ob diese Entwicklung vorhanden sei, erwähnt sie. Mithilfe eines digitalen intelligenten Stiftes schreibe das Kind anlog mit einem Stift, über Sensoren und Magnetfelder werde alles auf eine App übertragen und es gebe schnell eine Auswertung, die die wesentlichen Kriterien erfasse. Dazu gehöre zum Beispiel, ob die Schrift rhythmisch und ob das Tempo schnell genug sei. Dadurch liessen sich nach der Auswertung Förderschwerpunkte ableiten.
Entscheidend sei der individuelle Stift für jedes Kind, man müsse bereit sein, sehr viel zu probieren. Man wisse, dass für Schulanfänger ein runder Stift nicht ideal sei, dreikantige Stifte seien sehr ideal. Kinder die eine eher zu lockere Motorik hätten, bräuchten eher einen schweren Stift. Man gehe davon aus, dass jeder zweite Knabe und jedes dritte Mädchen Probleme mit der Handschrift habe. Diese Kinder hätten aus Sicht der Lehrpersonen eine zu langsame, unleserliche, verkrampfte Handschrift. Diese Problematik habe sich mit der Pandemie sogar noch verstärkt, es bestehe wirklich Handlungsbedarf, die Handschrift zu fördern - nicht nur in den ersten Schuljahren, sondern insofern, dass über die Jahre eine eigene Handschrift gefördert werden sollte. Sie betont, es dürften untereinander auch Schriftgespräche stattfinden. Linkshänder müsse man zudem aktiv unterstützen, denn sie würden fürs Schreiben mehr Kraft benötigen, was etwas mehr trainiert werden müsse. Zudem gebe es weitere Tricks, um den Linkshändern das Schreiben zu erleichtern, dazu gehöre auch der Lichteinfall.
Wichtig ist der Expertin auch, dass die Beine den Boden berühren. Das sei auch ein wichtiger Tipp für die Hausaufgaben zuhause. Die Kinder würden am Tisch sitzen und mit den Beinen baumeln. Aber nur wenn man die Füsse gut spüre, könne die Schrift eine Aufmerksamkeit bekommen. Abschliessend sagt sie, ihr Weg, um sich etwas gut merken zu können, seien Mindmaps, kleine Zettel oder Post-it.
Auch Dr. Marianela Diaz Meyer, Leiterin des Schreibmotorik Instituts, ist von der Wichtigkeit des Handschreibens überzeugt und setzt sich seit vielen Jahren für eine verbesserte Förderung des Handschreibens ein. Mit der Hand zu schreiben sei eine komplexe und für Schreibanfänger sehr schwierige Angelegenheit, die viel Übung, Konzentration und Ausdauer erfordere. Beim Handschreiben würden zwölf verschiedene Areale im Gehirn aktiviert – von der Wahrnehmung über die Verarbeitung von Informationen bis hin zur motorischen Ausführung. Kinder mit einer gut ausgebildeten, automatisierten Handschrift könnten schwierige Lerninhalte besser erfassen. Hierin liege auch der Vorteil der Handschrift gegenüber dem Tippen auf Tastaturen: Der Denkprozess und die Auseinandersetzung mit den Inhalten sei beim Handschreiben intensiver und für die Merkfähigkeit und das Verständnis komplexer Zusammenhänge besser geeignet.
Das Handschreiben bietet also einzigartige Vorteile für die kognitive Entwicklung von Kindern und wird auch im Zeitalter der Digitalisierung nicht verdrängt werden.
Das ausführliche Interview, das schule.at mit Gerhild Weidenholzer geführt hat, finden Sie hier.
Quelle: schule.at